Tag des Schutzlosen Denkmals: Richter-Schule in Wien in Warteschleife – Aktionsgruppe ‚Bauten in Not‘ fordert Erhalt der Architekturikone
Presseaussendung (APA-OTS) vom 22. September 2021
Die Zukunft der Doppelhauptschule von Helmut Richter am Kinkplatz in Penzing bleibt unentschieden. Das rare Beispiel österreichischer High-Tech-Architektur ist ernsthaft gefährdet.
Die Zukunft der Doppelhauptschule von Helmut Richter am Kinkplatz entwickelt sich zum Dauerthema. Wird sie diesen Zustand der Unzuständigkeit überdauern?
1994 erbaut und als bedeutendste Leistung des „Schulbauprogramms 2000“ gefeiert, zwischen dem hohen architektonischen Anspruch und den Niederungen pragmatischer Bauabwicklung von Anfang an mit – behebbaren – Hypotheken belastet, als Raumschöpfung frei von „Schulbaumief“ geliebt und als zu laut und heiß angefeindet, zeichnete sich bereits nach 2010 ab, dass die Wiener Schulbehörde das Gebäude loswerden will. 2014 versucht eine erste, internationale Petition auf den Wert und die Vernachlässigung von Richters Hauptwerk aufmerksam zu machen, Gutachten billigten ihm, bei allen behebbaren Baumängeln zu, in den wesentlichen thermischen und statischen Fragen den bauzeitlichen Normen entsprochen zu haben. Dennoch leitet eines dieser Gutachten, das seither vom Schulerhalter zum Maßstab genommen wird, aus der Annahme, dass heutige Standards anzulegen wären, überzogene Sanierungsmaßnahmen ab, die sowohl die Finanzierbarkeit als auch den Fortbestand der architektonischen Qualität massiv gefährden würden.
Hier setzt die Frage der Denkmalwürdigkeit an, deren Prüfung durch das Bundesdenkmalamt bereits 2017 eingeleitet wurde und die von diesem im heurigen Frühjahr eindeutig positiv beantwortet wurde. Gleichzeitig steht ein Kaufinteressent, der dem Denkmalschutz zustimmt, seit dem Vorjahr in Verhandlungen mit der Stadt Wien – die sich ebenso verzögern, wie deren Entscheidung über die Haltung der Stadt Wien gegenüber der Unterschutzstellungsabsicht des Denkmalamtes. Entscheidend ist der Denkmalstatus nicht nur, weil er das öffentliche Interesse am Erhalt eines Gebäudes aufgrund seiner außergewöhnlichen baukünstlerischen Qualität festhält – was in diesem Fall zweifellos gerechtfertigt wäre – sondern auch, weil die heutigen Standards, die kein bedeutendes historisches Gebäude erfüllen kann, abgemildert werden, um diese Erhaltung auch tatsächlich zu ermöglichen.
Ebenso auf die lange Bank geschoben ist die Entscheidung des Petitionsausschusses zur Petition bei der Stadt Wien, die Bauten in Not bereits 2019 eingebracht hat – sie wurde bereits zum 4. Mal vertagt… Gravierend ist der Stillstand, weil das Gebäude nun bereits seit 4 Jahren leer steht, seit langem wie eine heiße Kartoffel zwischen den Ressorts und Behörden hin- und hergeschoben wird, über Monate dem Vandalismus ausgesetzt war – und bis heute nicht adäquat geschützt wird.
Eine Anfragebeantwortung der Magistratsdirektion an Bauten in Not von Ende August bestätigt zwar das „Interesse am Erhalt des Bauwerks“ und sichert wöchentliche Kontrollen durch den Schulwart zu – der Augenschein vor Ort gibt aber ein völlig anderes Bild: Nach wie vor stehen Brandrauchentlüftungen offen, durch die der Regen ungehindert ins Gebäude eindringt, ebenso zahlreiche Probeentnahmestellen an den Fassaden und im Sockelbereich, Eingänge sind unzureichend gesichert, das Gelände steht ebenso offen wie das Parkdeck, Sumpfpumpen, die zur Ableitung von Niederschlagswasser an einigen Stellen unerlässlich sind, bleiben abgeschaltet. Die Folgen sind offensichtlich, der Zustand der Schule verschlechtert sich von Monat zu Monat und bis zum Winter bleibt nicht mehr viel Zeit.
Wie viele Winter soll das Gebäude noch die Vernachlässigung durch den Eigentümer, die Stadt Wien, überstehen? Wir fordern einen sofortigen Stopp dieser schleichenden Zerstörung dieses bedeutendsten Beispiels der High-Tech-Architektur in Österreich, eines Raumkunstwerks ersten Ranges, das den Schutz als Denkmal nicht nur unzweifelhaft verdient, sondern dringend braucht.
Die Anerkennung als Denkmal ist nicht nur der beste Garant, die schleichende Zerstörung durch Vernachlässigung zu stoppen, sie ist auch der beste Weg, eine inadäquate Sanierung zu verhindern, die den Denkmalwert des Gebäudes gefährden würde.
Holen wir die Richter-Schule aus der Warteschleife!
Wir fordern den Schulerhalter daher auf:
- die Unterschutzstellung des Gebäudes als Qualitätsbeweis für den Wiener Schulbau zu begrüßen
- die Erhaltung des Gebäudes in der Zwischenphase bis zu einer neuen Nutzung zu garantieren und zu sichern
- Die Petition von Bauten in Not von 2019 in diesem Sinn im Gemeinderat zu behandeln
- Mit Kaufinteressenten, die an einer denkmalgerechten Erhaltung des Gebäudes interessiert sind in ernsthafte Verhandlungen zu treten.
Rückfragen & Kontakt:
Aktionsgruppe „Bauten in Not“
Mag.Arch. Andreas Vass, 0664/205 15 42
DI Johannes Zeininger, 0676/536 10 77
www.bauten-in-not.at
email: bauten-in-not@gmx.at
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